Am 15.08. haben Felix und Duc von Dresden Postkolonial mit uns und insgesamt 40 Teilnehmenden, einen Stadtspaziergang veranstaltet. Treffpunkt war am Jorge-Gomondai-Platz, benannt nach dem ersten Mordopfer rassistischer Gewalt in Dresden nach der Wiedervereinigung. Bezeichnend ist, dass es jedoch kein Haus gibt, das den Namen als Adresse trägt. Genauso wie beim Marwa El-Sherbini Platz. Am Jorge-Gomondai-Platz gab es zunächst eine allgemeine Einführung zu den Themen Rassismus und Postkolonialismus.

Die zweite Station war der Sarrasanibrunnen am Carolaplatz, der an das im zweiten Welkrieg zerstörte Zirkusgebäude erinnern soll. Das Zirkusprpgramm war ganz nach Kolonial-gesellschaftlichen Ansichten ausgerichtet. Ein vorrangig europäisches Publikum sollte hier die “Exotik” von Menschen aus Afrika, China und Nordamerika “bestaunen können”. Es wurde damit geworben, dass dort eine “naturgetreue wissenschaftlich nachprüfbare Wiedergabe des Lebens und Treibens in der Prärie, echt bis in die äußerste Kleinigkeit hinein” (1) zu entdecken sei. Der Brunnen, der mit Elefanten geschmückt ist, erinnert noch heute an die rassistische Kolonialvergangenheit dieses Ortes.

Vom Carolaplatz ging es weiter zum Fürstenzug, einem weiteren Denkmal, welches von der kolonialen Geschichte der Stadt zeugt. Dort zu sehen ist, wie ein schwarzer Bediensteter, Heinrich dem Frommen die Jagdhunde führt. Rassismus und Unterdrückung zeigen sich hier also auch schon lange vor der Kolonialsierung, und nicht wie oft behauptet mit Beginn dieser, wieder.

Diese historische Betrachtung diente als Überleitung zu einem besonders schrecklichen Kapitel der europäischen Geschichte, dem Sklavenhandel.In den umfassenden philosophisch-naturwissenschaftlichen Bemühungen diese menschenverachtende Praxis vor der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen wurde auch die Medizin bemüht, welche den Rassebegriff und die niedere Wertigkeit der “nicht-weißen Rassen” durch Studien konsolidierte. Besonderes Augenmerk wurde auch auf den Namenspatron des Uniklinikums und der medizinischen Fakultät, Carl Gustav Carus, gelegt. Er trug mit seinem Werk: “Über die ungleiche Befähigung der verschiedenen Menschenstämme für höhere geistige Entwicklung.” (Leipzig 1849) einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur europäischen Rassentheorie und -forschung bei. Zudem wurde beleuchtet, wie das globale kapitalistische Wirtschaftssystem (durch Rohstoffausbeutung nicht westlicher Länder) mit dazu beiträgt, dass die kolonialen Machtverhältnisse weltweit aufrecht erhalten werden. 

Letzter Halt war das begehbare Dach des sächsischen Landtages, von dem aus, man sowohl das Japanische Palais, als auch die ehemalige Tabakfabrik Yenidze sehen kann. Beide Gebäude prägen das Stadtbild und haben deutliche kolonial-architektonischen Bezüge. Entstanden in einer Zeit der Ostasienbegeisterung, beherbergt das Japanische Palais das Völkerkundemuseum und das sogenannte “Damaskuszimmer”. Beides ist eng verwoben mit kolonialen Präsentations- und Denkweisen. Das japanische Palais entstand in einer Zeit der Ostasienbegeisterung und in ihm befindet sich das Völkerkundemuseum und ein Raum welches sich Damaskuszimmer nennt, deren Hintergründe jeweils eng mit kolonialen Denkweisen verbunden sind. Die Vortragenden berichteten auch über in der Kolonialzeit geraubte Gebeine afrikanischer Menschen, die im Keller des Palais lagern. Obwohl diese noch nie ausgestellt wurden, wird die Rückführung der Knochen weiterhin blockiert.

In die Architektur des Yenidze, wurden zahlreiche orientalische Aspekte eingebaut, was grundlegend auf der Begeisterung und Exotisierung des Orients, durch den Besitzer des Gebäudes zurückzuführen ist. Mit Blick auf die Yenidze und seine Geschichte wurden postkoloniale Aspekte im Alltag gesprochen, z.B. im Rahmen von cultural appropriation in Kaffeewerbung oder auf Zigarettenverpackungen.

Der sehr gut konzipierte Rundgang, der oft mit vielen Details aufwartete, hat uns sehr gut gefallen! Wir können die regelmäßig von DD Postkolonial organisierten Stadtrundgänge sehr empfehlen, um einen kritischen Einblick hinter die aufpolierten Fassaden zu bekommen. Mehr Infos erhaltet ihr auf der Website von Dresdenpostkolonial (http://dresden-postkolonial.de) oder Ihrer Facebook Seite (https://www.facebook.com/ddpostkolonial).

 

(1) Inserat „Wild-West“, in: Dresdner Nachrichten, Nr. 91 vom 03.04.1913, S. 20.